6. März – Gedenkenktag an die Gerechten unter den Völkern

Grafische Version der Medaille, die den Gerechten unter den Völkern verliehen wird (Abbildung gemeinfrei)

Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt” – so steht es im jüdischen Talmud.
Diese Worte sind der Leitgedanke einer israelischen Initiative, die Menschen als „Gerechte unter den Völkern“ ehrt. Erinnert wird an mutige Menschen, die durch ihr Handeln dem totalitären nationalsozialistischen Regime und den Verbrechen gegen die Menschlichkeit widerstanden. In einer Zeit der tiefsten Inhumanität und beispielloser Verbrechen riskierten Menschen ihr Leben, um Juden vor Tod und Deportation zu bewahren. Diese „Gerechten“ erkannten im bedrohten Menschen ihren Mit-Menschen und verteidigten die für jeden und jede geltenden Menschenrechte.
1995 wurde diese Ehrung „Gerechte unter den Völkern“ einem Dresdner Ehepaar zuteil: Kurt und Herta Fuchs. Das kinderlose Paar lebte in Oberpoyritz. Der gelernte Sanitäter und Schlosser wurde nicht zur Wehrmacht eingezogen, weil man ihn als „nicht kriegsverwendungsfähig“ einstufte. Herta Fuchs arbeitete als Wäscherin. In den letzten Kriegstagen im April 1945 gelang drei Flüchtlingen eines Todesmarsches die Flucht. Die polnischen Männer gehörten zu einem Arbeitskommando von rund 500 KZ-Insassen, die zuvor in einer Munitionsfabrik in Dresden Zwangsarbeit verrichten mussten. Nach Auflösung des Lagers wurden die Gefangenen auf einen Todesmarsch geschickt. Das Ehepaar nahm die Geflüchteten sofort ohne jegliche Gegenleistung auf und versorgte sie mit Essen und Kleidung. Schnell kamen im Dorf Gerüchte auf, dass die Gäste des Ehepaares Juden seien, die gesucht würden. Herta Fuchs gab sie als katholische Zwangsarbeiter aus Polen aus, die durch den Krieg ihre Arbeitsstellen verloren hätten. Sofort nach der Kapitulation am 8.Mai 1845 machte sich einer der jungen Männer, Roman Halter, nach Polen auf, um seine Verwandten zu suchen. Am 12. Mai 1945, vier Tage nach der Kapitulation, erschoss ein faschistisches Hinrichtungskommando Kurt Fuchs und den jüdischen Flüchtling Josef Szwajcer. Der andere Mann, Abraham Sztaier, konnte entkommen. Die Morde blieben ungesühnt. Vermutlich hatten der antisemitische, faschistische Bürgermeister und ortsansässige Nazis zur Tat angestiftet. Herta Fuchs begrub ihren Mann im eigenen Garten und erfuhr keinerlei Unterstützung durch andere Dorfbewohner. Erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands konnte sie Roman Halter in England ausfindig machen. Dieser sorgte dafür, dass Kurt und Herta Fuchs als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt wurden. Herta Fuchs starb 2004.
2012 beschloss das Europäische Parlament, einen Europäischen Tag des Gedenkens an die Gerechten am 6. März einzurichten. Der Gedenktag hat die Intention, dass ein gemeinsames Erinnern an das Gute, an das humanitäre Handeln einzelner Menschen und die Verteidigung der menschlichen Würde in finsteren Zeiten ein Element des Zusammenhalts in einem oft uneinen und von Spaltungen bedrohten Europa sein kann.
Der Gedenktag lädt Sie ein, sich mit einem oder mehreren Menschen, denen diese Auszeichnung „Gerechter unter den Völkern“ zuteil wurde, zu beschäftigen. Es waren ganz unterschiedliche Menschen und verschiedene Situationen, in denen diese Menschen lebten und ihr Leben für einen anderen riskierten. Gemeinsam ist ihnen die Bereitschaft und Fähigkeit, sich betreffen zu lassen von der Not anderer und solidarisch und menschlich zu handeln. Das ist in jeder Zeit gefragt – auch heute.
Franziska Mellentin, katholische Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische
Zusammenarbeit Dresden e.V.